Uneingeschränktes Testat trotz Finanzrisiken?
PwC erteilte im Frühjahr 2024 ein uneingeschränktes Testat für den Konzernabschluss 2023 der BayWa – trotz der angespannten finanziellen Lage. Dies führte zu Kritik und einer Sonderprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im November 2024. Die BaFin sieht “konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften”.
Kritik an PwC und berufsrechtliche Konsequenzen
Infolge der BaFin-Prüfung geriet PwC als amtierender Prüfer in den Fokus der staatlichen Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas), die ein berufsrechtliches Verfahren einleitete. Ähnlich wie beim Wirecard-Skandal mit EY (Ernst & Young) steht ein weiterer Big-4-Prüfer wegen möglicher Prüfungsfehler unter Druck. Zusätzlich belastet ein Vorfall in China die Reputation von PwC: Das Unternehmen wurde wegen Mängeln bei der Prüfung des Immobilienriesen Evergrande zu einer Millionenstrafe verurteilt.
Die BayWa AG zieht eine vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit mit PwC in Betracht. Der Konzern plant offenbar, noch vor der Hauptversammlung Ende Mai einen neuen Wirtschaftsprüfer zu mandatieren. Dies sei eine direkte Reaktion auf den zunehmenden Druck durch die BaFin-Prüfung und die Negativschlagzeilen rund um PwC.
Sanierungsplan, Stellenabbau und personelle Veränderungen
Um die finanzielle Stabilität wiederherzustellen, hat die BayWa ein Transformationskonzept vorgelegt, das bis Ende 2027 umgesetzt werden soll. Geplant ist der Abbau von bis zu 1.300 der aktuell knapp 8.000 Vollzeitstellen, was etwa 16 Prozent der Belegschaft entspricht. Besonders betroffen sind die zentralen Verwaltungseinheiten, in denen rund 40 Prozent der Stellen gestrichen werden sollen. Zudem sollen 26 der derzeit über 400 Standorte geschlossen werden.
Personelle Veränderungen in der Führungsebene begleiten die Restrukturierung: CEO Marcus Pöllinger hat das Unternehmen Ende Oktober 2024 verlassen, und CFO Andreas Helber wird Ende März 2025 ausscheiden. Die Suche nach geeigneten Nachfolgern läuft.
Aktionäre prüfen rechtliche Schritte
Nach Bekanntwerden der finanziellen Schwierigkeiten sind die Aktienkurse der BayWa eingebrochen. Aktionärsvertreter prüfen nun Schadenersatzklagen gegen die BayWa und PwC. Sie werfen dem Konzern vor, die Anleger nicht rechtzeitig über die Schieflage informiert zu haben. PwC könnte in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen, da das uneingeschränkte Testat als Indikator für finanzielle Stabilität interpretiert wurde.
Zukunft der BayWa und PwC
Mit der geplanten vorzeitigen Ablösung von PwC stellt sich die Frage, wie die BayWa die Finanzlage zukünftig stabilisieren und das Vertrauen der Aktionäre zurückgewinnen will. Branchenexperten spekulieren, dass PwC die Zusammenarbeit mit der BayWa von sich aus beenden könnte, um weiteren Reputationsschaden zu vermeiden. Gleichzeitig bleibt offen, ob die eingeleiteten Maßnahmen ausreichen, um die BayWa vor einer Insolvenz zu bewahren.
Die Entwicklungen um die BayWa und PwC könnten weitreichende Konsequenzen für die Wirtschaftsbranche und die Aufsichtspraxis in Deutschland haben.